24.01.2008

ZURÜCK: Interview zur Persona non Grata -74 - Unser Widerstand ist eine Blase

Am Wochenende feiert das Berliner Label Sinnbus mit dem Leipziger Musikmagazin Persona non Grata deren neue Ausgabe; natürlich inklusive Sinnbus-Labelspecial. Auf der Bühne des morbid-charmanten UT Connewitz werden dabei Bodi Bill, Seidenmatt (sdmnt) und Ampl:tude stehen. Hier kann ganz sicher gutem Gewissens auf ausführliche Lobeshymnen verzichtet werden. Diese Bands lohnen sich definitiv und das weiß nicht nur der Leipziger Süden.

Wie sieht es aber um die geliebte, wie zugleich gehasste und dafür auf jeden Fall stets respektierte Persona non Grata aus? Da ich zugeben muss, dass ich selber neugierig war, wie es tatsächlich um die Persona non Grata nach der Heftpause steht und mich nicht mit Halbwahrheiten am Kaffee-Satz-Lesen um die Situation bei der Persona non Grata beteiligen wollte, habe ich ein E-Mail-Interview mit Jörg Nicolaus (aka Nimrod) geführt, der nach einigen Jahren Pause wieder seine Denk-Muskeln am PNG-Ruder spielen lässt.



BLEEP-HOP: Vielfach wird über Qualitätskonflikte zwischen "alten"Redaktionsmitgliedern und den Neuen gemunkelt. Wie würdest Du die aktuelle Situation unter folgender Fragestellung beschreiben: Was macht die Persona non Grata und ihre Texte 2008 aus? Vielleicht kannst Du ja auch Bezug dazu nehmen, was aus Deiner Sicht der Unterschied zu 1998 ist?


PNG: Das Gute ist, dass der Unterschied zwischen den Texten 1998 und 2008 nicht länger so gravierend ist wie zuletzt zwischen 1998 und 2007. 1998 hat sich die Redaktion vor einem Heft gemeinsam Gedanken gemacht, in 2007 nach der Veröffentlichung, jeder für sich oder in kleinen Gruppen (nach der letzten Ausgabe 2007 war der nachträgliche Hader dann so groß und garstig, dass Aufhören besser klang als weiterzumachen, so wie bisher). Dann Tabula Rasa komplett mit Schuldeingeständnissen und wachsendem Willen auf einen Neuanfang.

Grundlage der Publikationen für 2008 ist eine neue Gemeinsamkeit, eine Gruppe, die auch an ihren Widersprüchen nicht zerbricht, und die sich erheblich weiter verzweigt als die alte Leipziger Redaktion, sich aber dennoch auf einen essenziellen Punkt verdichtet: die ehrliche, scheuklappenlose und stete Kommunikation aller an diesem Netzwerk Beteiligten. Es wird wieder über Themen und Texte gesprochen, bevor sie veröffentlicht werden, so wie 1998 ... hier wächst gerade etwas, das Persona non Grata in den letzten Ausgaben eklatant gefehlt hat,und das es in dieser Konsequenz tatsächlich noch nie gegeben hat: eine echte, überregional vernetzte Redaktion, in der jede und jeder die Möglichkeit der aktiven Teilnahme an der Gestaltung des Heftes hat,also weit über das Beibringen von Texten hinaus.


BLEEP-HOP: Die Digitalisierung brachte u.a. zwei wesentliche Aspekte mit sich. Auf der einen Seite klagen fast alle Labels über die Krise des physischen Tonträgermarktes, zugleich gibt es auf der anderen Seite immer mehr hochwertige Releases, seien es kleine Vinyllabels oder auch Online-Labels. Wie kann ein Fanzine oder Musikmagazin damit umgehen. Wo geht der Weg für die PNG hin: Online, Print oder eine geschickte Verbindung beider Medien?


PNG: Wir sind unverbesserlich oldskool, ein "Printmagazin für analoge Lebensaspekte" (P.M. Hoffmann), und dennoch, auch wir können es uns gar nicht leisten, der Verflüchtigung von Kunst und Kreativität ins Internet nur fassungslos zuzuschauen. Wir arbeiten daran, Persona non Grata - das ist überfällig - auch online zu einem unerlässlichen Portal (oder besser einer Schleuse) für all das zu machen, was uns interessiert und damit definitiv für andere entdeckungswürdig sein sollte - und das ist (wie auch im Heft) - viel mehr als nur die aktuelle CD des Künstlers whatshisname. Es wird also bald eine neue Homepage geben. Die soll Ästhetiken des Heftes und generell eines Printmagazins mit unleugbaren Vorteilen einer Internetpublikation(Aktualität, quasi ungehinderte Verfügbarkeit, Reichweite, Kommunikation) verbinden. Diese Homepage soll die Printpublikation auch erheblich in ihrem Servicecharakter entlasten: Bandfeatures,Rezensionen zu Film, Literatur und Musik, aktuelle Kolumnen und Präsentationen sollen an dieser Stelle stattfinden und Raum für noch mehr Beiträge in der Printausgabe schaffen, die ein solches Medium zur Wirkungsentfaltung benötigen: von längeren Wortbeiträgen, die sich ästhetisch und thematisch aus den Zwängen einer Darstellung/Präsentation aktueller Produkte des Kulturbetriebes lösen dürfen, bis hin zu noch mehr Platz für Illustrationen und Fotos. Es ist uns wichtig: alles was in diesem Heft zu sehen und zu lesen sein wird, ist exklusiv für diese Publikation geschaffen, aus dem Netzwerk um die persona non grata. Es soll weder Promofotos geben noch diese eklige, unverbindliche, leerformelhafte, lobbygedungene Werbersprache und -attitüde, die hierzulande, weithin akzeptiert, den Journalismus ersetzt hat.


BLEEP-HOP: An dieser Stelle, denke ich, ist der Status-Quo genug hinterfragt. Lass uns also zum Abschluss zur persona-non-grata-Release-Party im UT Connewitz kommen, die vor der Tür steht. Es werden drei Bands des Labels Sinnbus spielen. Warum passt Sinnbus zu Euch?

PNG: Intuition. Wissen was richtig ist und wie man etwas richtig machen kann, ein Wissen, das man nur schwer erklären, aber dennoch an Uneingeweihte vermitteln kann, mit Leidenschaft, durch ein Bluten für die Dinge, die man liebt, in Musik und Worten und Bildern.


BLEEP-HOP: Danke für Deine Zeit!



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Persona non Grata meets Sinnbus;
mit BODI BILL, SEIDENMATT & AMPL:TUDE
26. Januar, 21 Uhr UT Connewitz, Leipzig

Mehr Infos zur Persona non Grata -74 unter:
http://blog.png-online.de/2008/01/17/personanongrata-74-unser-widerstand-ist-eine-blase/

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